Keine Zockerbude in Deutz!

Kein Spielkasino in DeutzDie Pflöcke sind eingeschlagen: Drei Jahre nachdem die Landesregierung die Lizenz zum Betrieb eines fünften landeseigenen Spielkasinos nach Köln vergeben hat, nehmen die Pläne der Westdeutschen Spielbanken GmbH & Co. KG konkrete Form an. Demnach ist die Stadt bereit, der Westspiel GmbH, die eine hundertprozentige Tochter der NRW-Bank ist, ein prominentes Grundstück am Deutzer Ottoplatz für ein Spielkasino zu überlassen. Noch 2016 soll ein architektonischer Entwurf stehen, bis 2017 soll Baurecht geschaffen werden um 2018 den ersten Spatenstich zu setzen. Während sich mancher vor dem geistigen Auge schon den gradus ad parnassum erklimmen sieht – den Weg zum höchsten Glück, warnt die Linksfraktion in der Bezirksvertretung Innenstadt vor weiteren Verschlechterungen für die Bevölkerung und lehnt das Projekt kategorisch ab.

Problem Glücksspielsucht

Erst vor wenigen Tagen hat das Kölner Gesundheitsamt ein „Handlungskonzept zur Verhinderung und Reduzierung der pathologischen Glücksspielsucht in der Stadt Köln“ vorgelegt. Erstmals werden hier belastbare Zahlen über ein lange Zeit belächeltes Problem zusammengetragen und das Phänomen empirisch durchleuchtet. Demzufolge hat sich die Zahl der Menschen mit der Hauptdiagnose Glücksspielsucht in den vorgehaltenen Beratungs- und Betreuungsangeboten zwischen 2009 und 2013 fast verdoppelt. Die Zahl der Menschen mit einer entsprechenden Nebendiagnose erhöhte sich um 150 Prozent. Den Umstand, dass fast zehntausend Kölner*Innen an Glücksspielsucht litten, bezeichnete Uschi Röhrig, die DIE LINKE im Gesundheitsausschuss vertritt, als “Ohrfeige für die Befürworter des Kölner Spielkasino”. Es ist davon auszugehen, dass rund 60 Prozent der Fläche des Kasinos mit Spielautomaten bestückt sein wird. Suchtberatungsstellen sprechen sich dagegen aus, ihre Dienste der Institution zur Verfügung zu stellen, “die als Verursacher der Gefährdung und Abhängigkeit von Glücksspielsucht gelte”.

Spielkasino und Flächenmangel

Der Mangel an städtischen Flächen ist in keinem Kölner Stadtbezirk so eklatant wie in der Innenstadt. Im Prinzip würde die Überlassung des Grundstücks am Deutzer Bahnhof an die Westspiel GmbH einen weiteren stadtentwicklungspolitischen Offenbarungseid darstellen. Zurzeit diskutieren die politischen Gremien neue Flächen für den Wohnungsbau, die im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts Wohnen (STEK) kurz-, mittel und langfristig noch requiriert werden könnten. Dass es dabei im Bereich Innenstadt eher mau aussieht, liegt eben auch daran, dass fast sämtliche städtischen Grundstücke in den letzten Jahren meistbietend verscherbelt und der kommerziellen Verwertung unterworfen worden sind.

Die Möglichkeit, hier noch irgendwie kommunalpolitischen Einfluss geltend zu machen, tendiert gerade gegen Null. Die Stadt hat sich sukzessive eigener Gestaltungsmöglichkeiten beraubt und die Grundstücksbevorratung sträflich vernachlässigt. Die Frage, warum der Spielbankbetreiber, der ja über den landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW über zahlreiche brachliegende Flächen im Kölner Stadtgebiet verfügen könnte, ausgerechnet auf das zentrale Deutz fokussiert, bleibt bisweilen unbeantwortet. DIE LINKE. in der BV Innenstadt hat eine entsprechende Anfrage eingebracht.

Warnung vor Millionengrab

Laut einem Bericht des Kölner Stadtanzeigers vom 29.10.2015 hat sich die Besucherzahl in den vier NRW-Spielbanken in den vergangenen zehn Jahren halbiert. Der Jahresabschluss 2014 der westdeutschen Spielbanken war deutlich negativ und wurde nur durch den umstrittenen Verkauf zweier Warhol-Gemälde kompensiert. Etwaige Prognosen, die Stadt Köln könnte über die Spielbankabgabe vom Betrieb des Kasinos finanziell profitieren, sind mit äußerster Vorsicht zu betrachten – der Schuss kann leicht nach hinten losgehen. Selbst ein FDP-Landtagsabgeordneter warnt im Stadtanzeiger vom 22. Februar vor einem “Millionengrab”, während der zuständige Bereichsleiter bei der NRW-Bank lediglich einen “Kannibalisierungseffekt” befürchtet (KStA, 26.02.2016). Eine weitere beflissene Einschätzung stammt von niemand geringerem als Jesus Christus, den alle kanonischen Evangelien mit dem bekannten Vorwurf zitieren: “Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht!” Dem ist im Prinzip nichts hinzuzufügen.

Les jeux sont fait, rien ne va plus. Oder geht da vielleicht noch was? Immerhin sind erste Proteste angekündigt. Die Linksfraktion in der Innenstadt wird ihre vorgenannten Vorbehalte prüfen und prägnant bündeln – ethische und soziale, gesundheitliche, finanzielle und stadtentwicklungspolitische. Keine Zockerbude in Deutz!

Michael Scheffer

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