Pfandringe – kein Welterbe

PfandringBei risikobehafteten Entwicklungen werden üblicherweise Pilotprojekte vor die allgemeine Einführung gesetzt, um Fragen der Akzeptanz, der Wirtschaftlichkeit, des Marktpotentials und der technischen Optimierung im Feldversuch zu erproben. Die Bezirksvertretung Innenstadt hat jetzt einen solchen Feldversuch beendet, der besser erst gar nicht in die Welt gesetzt worden wäre. Es handelt sich dabei um die sogenannten Pfandringe – metallische Verstrebungen zur Flaschenaufnahme an ausgewählten öffentlichen Mülleimern, welche Pfandsammlern das unwürdige Wühlen im Müll ersparen sollte. In der letzten Sitzung der BV präsentierte ein von den Kölner Abfallwirtschaftsbetrieben (AWB) beauftragtes Institut den Abschlussbericht zum Pilotprojekt “Pfandsammelsysteme und Papierkorbinhalte”. Unter den Aspekten Stadtsauberkeit, Akzeptanz und abfallwirtschaftliche Auswirkungen wurden Daten in den Testgebieten Südstadt und Ehrenfeld erhoben und ausgewertet. Die Analyse ergab u.a. eine “nicht signifikante Abschöpfung bepfandeter Gebinde aus dem Papierkorbmüll”. Die Verschmutzungen (Kaugummis, Zigaretten, Flüssigkeiten) in unmittelbarer Nähe haben merklich zugenommen; auch die Papierkorbleerungszeit stieg um 30 Prozent und verursacht somit höhere Leerungskosten. Weniger gewühlt wurde trotzdem nicht.

„Müll bleibt auch dann Müll, wenn man ihn rings um einen Abfalleimer aufhängt. Das Entnehmen des Mülls wird dadurch nicht würdevoller, wenn er um den Abfalleimer hängt.“ Mit diesen Worten warnte der Rodenkirchener Bezirksvertreter Berthold Bronisz bereits vor zwei Jahren in einem bemerkenswerten Artikel vor der Aufstellung der ominösen Ringe. Überliefert ist auch das Beispiel des Bamberger Trinkers, der offenbar in Unkenntnis der Installationsintention sein halbvolles Bier im Pfandring vor sich deponierte. „Jetzt muss ich die Flasche nicht mehr auf dem Boden abstellen“ bedankte er sich artig bei der Stadt, deren Projekt er offenbar gründlich missverstanden hat (Oberbayerisches Volksblatt, 24.09.2014). Ein Schelm, des Böses dabei denkt.


Die technischen, finanziellen und ästhetischen Argument ergänzte die Linksfraktion in der Debatte konsequenterweise um moralische Bedenken: Fraktionssprecher Scheffer erklärte, alle Formen und Ausformungen von Armutsgewöhnung entschieden abzulehnen. Pfandringe sind zynische Symbole für die Verstetigung von Armut, so wie Suppenküchen, Almosen, Kleiderkammern oder Lebensmittelgutscheine. Armut ist ein Ergebnis verfehlter Sozialpolitik; sie ist politisch gemacht und muss politisch thematisiert und bekämpft werden. Bezirksvertreter Müller mahnte, dass im Rahmen des Pilotprojekts versenkte Geld, hätte man besser direkt an Pfandsammler, Obdachlose und Bedürftige ausgeben sollen. Die Beendigung des unsäglichen Modellversuchs wurde nach intensiver Diskussion mit neun zu acht Stimmen gegen CDU und SPD beschlossen.

Michael Scheffer (Bezirksvertretung Innenstadt)

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