Deine Stadt, dein Bezirk – Kritik am Bürgerhaushalt 2016

Bezirksvertreter Michael Scheffer

Michael Scheffer, Mitglied der Bezirksvertretung Innenstadt

Der Bürgerhaushalt 2016 stellte erstmals 100.000 Euro bereit, die für die 25 bestbewerteten Vorschläge im Bezirk ausgegeben werden sollten. Motto: „Deine Stadt, dein Bezirk. Mach was draus!“  Als die Verwaltung aber nun der Bezirksvertretung Innenstadt die ausgewertete Vorschlagsliste zur Beratung und Priorisierung vorlegte, staunten deren Mitglieder nicht schlecht: Fast alle der vorgelegten Ideen könnten „aus formalen oder rechtlichen Gründen“ nicht umgesetzt werden – oder aber befinden sich bereits in der Umsetzung. Da wir aber davon ausgegangen sind, dass 25 realisier- und finanzierbare Vorschläge vorgelegt werden, haben wir einen Änderungsantrag gestellt und die Vorlage zur Überarbeitung zurückverwiesen.

Insbesondere haben wir kritisiert, dass mit der vorgelegten Auswertung eine klare Benachteiligung all der Vorschläge einhergeht, die zwar etwas weiter hinten platziert sind, aber den vorgegebenen Kriterien vollumfänglich entsprechen. Die ansonsten vorbildliche redaktionelle Begleitung des Verfahrens hätte die nicht umsetzbaren – sowie die sich bereits in der Umsetzung befindlichen – Vorschläge erst gar nicht zum Abstimmungsverfahren zulassen dürfen, da es das Gesamtergebnis erheblich verzerrt. Da aber 25 Vorschläge für den Bezirk umgesetzt werden sollten, müssen auch 25 realisierbare Vorschläge zur Beratung durch die Bezirksvertreter*innen vorgelegt werden. Außerdem haben wir um Unterrichtung der BV über die Umsetzung der zu beschließenden Maßnahmen gebeten. Auch war es uns wichtig, klarzustellen, dass die bereitgestellten Gelder in jedem Fall im Bezirk investiert werden, und nicht etwa in den Städtischen Haushalt zurückfließen. Der Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Rückblick: Mehr als zehntausend Kölnerinnen und Kölner haben sich mit fast 5000 Vorschlägen am ersten Kölner Bürgerhaushalt 2008 beteiligt. Wegen der innovativen Förderung der Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen wurde dieser in der Folge mit mehreren Preisen ausgezeichnet (u.a. von den Vereinten Nationen). Die dreihundert bestbewerteten Vorschläge wurden den Fachausschüssen, den Bezirksvertretungen und dem Rat zur Entscheidung vorgelegt – und teilweise sogar umgesetzt

Fünf Jahre später war davon nicht mehr viel übrig geblieben. Lediglich noch die zehn (!) bestbewerteten Vorschläge wurden dem Rat zur Kenntnis gebracht. Fachausschüsse und Bezirksvertretungen blieben direkt außen vor. Das erstellte Meinungsbild diente lediglich noch dazu “die Ratsfrauen und Ratsherren in Ihrer Entscheidungsfindung zu notwendigen Einsparungen oder Einnahmeverbesserungen zu unterstützen”.

Damals wurde eine tendenziell demokratische Errungenschaft quasi ad absurdum geführt. Die Bürgerinnen und Bürger wurden dazu angehalten, die Kürzungspläne von Politik und Verwaltung zu legitimieren. Durch die Umbenennung des Bürgerhaushalts in “Dein Köln Spar Plan” wurde somit eine grundsätzlich gute Idee in ihr Gegenteil verkehrt. Da die Beteiligung 2016 mit über 6000 registrierten Teilnehmenden wieder deutlich zugenommen hat, ist es umso wichtiger, die Verbindlichkeit der eingebrachten Vorschläge und Ideen zu unterstreichen und die vorgehaltenen Gestaltungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Ansonsten verliert der Bürgerhaushalt weiterhin Jahr um Jahr an Attraktivität – weil immer weniger dabei rauskommt.

Michael Scheffer

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