Innenstadt will oben bleiben

Innenstadt will oben bleiben

Oben bleiben – Demo am 29.6.2018 (Bild: Herbert Sauerwein)

Die Bezirksvertretung Innenstadt hat der Stadt am 6. Dezember ein veritables Nikolausgeschenk gemacht und sich mehrheitlich gegen einen Tunnel auf der Ost-West-Achse ausgesprochen. Nach heißer Debatte über die „Vorzugsvariante und Vorbereitung eines Planungs- und Bedarfsfeststellungsbeschlusses“ stimmten Grüne, LINKE, Deine Freunde und GUT für die oberirdische Variante zwischen Heumarkt und Moltkestraße. Ob der Rat der Stadt sich von diesem Votum beeindrucken lässt und am 18. Dezember ebenso weise entscheiden wird, sei dahin gestellt.

Gegen einen neuen Tunnel

Zur Erinnerung: Um die Verkehrssituation rund um den Neumarkt zu verbessern, wünschen sich Teile von Politik und Verwaltung eine neue U-Bahn-Strecke in der Innenstadt. Konkret geht es darum, den stetig steigenden Fahrgast-Andrang auf der sogenannten Ost-West-Achse durch den Einsatz längerer Züge zu entzerren. Dafür müssten sämtliche Bahnsteige auf den derzeitigen Linien 1,7 und 9 verlängert werden, was oberirdisch absolut machbar wäre. Zwar wäre der nötige Aufwand nicht unerheblich, die geschätzten Kosten in Höhe von 250 Millionen Euro könnten aber im Wesentlichen durch Fördergelder von Bund und Land finanziert werden. Anders sieht das aus, wenn man Teile der Strecke gleich ganz unter die Erde legen würde. Hier droht ein unkalkulierbares Milliardengrab. Nicht nur die Finanzierung eines Tunnels wäre aber mehr als unsicher. Sein Bau würde wohl bis in die 2040er Jahre dauern und Teile der Stadt in eine gigantische Dauerbaustelle verwandeln.

Für mehr Bewegungs- und Barrierefreiheit

Die neue Linie müsste weit unter die bestehenden gebaut werden. Sie läge derart tief, dass es unzumutbar lange dauern würde, die Bahnsteige überhaupt zu erreichen. Oder man schafft es gar nicht nicht mehr, wie Bezirksvertreter Manfred Müller in der Diskussion nachdrücklich darlegte, indem er seine eigenen leidvollen Erfahrungen schilderte. Durch den chronischen Ausfall von Aufzügen und Rolltreppen werden heute schon täglich zahlreiche Menschen daran gehindert, sich durch Köln fortzubewegen und ihre Ziele zu erreichen. Dass dieser Mangel an Freizügigkeit sowie Bewegungs- und Barrierefreiheit unzumutbare Ausmaße angenommen hat, bestätigte der Kölner Stadtanzeiger nur einen Tag später: In der Ausgabe vom 7.12.2018 musste die KVB einräumen, dass aktuell 32 von 263 Rolltreppen nicht im Betrieb sind. Der Großteil davon in der Innenstadt: Heumarkt, Neumarkt, Poststraße, Friesenplatz, Hansaring, Appellhofplatz. Alles kaputt.

Auch Grüne wollen oben bleiben

Fassungslos über die Tunnelpläne zeigte sich auch Markus Graf, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen in der BV. Gekonnt benannte er die zahlreichen Risiken (und Nebenwirkungen) dieser Variante. Auch fand er die richtigen Worte an die offene Wunde in unserer Stadt, die noch lange nicht fertig gestellte Nord-Süd-U-Bahn zu gemahnen und erinnerte an die Fehler, die seinerzeit gemacht wurden. Markus hat wahrlich alles gegeben Über Jahre hat er mit scharfem Sachverstand und seiner ausgesprochenen Beobachtungs- und Formulierungsgabe wesentlich dazu beigetragen, dass die BV1 wegweisende Beschlüsse fassen konnte. Nun verlagert er seinen Lebensmittelpunkt in fortschrittlichere und fahrradfreundlichere Gefilde und legt sein Mandat nieder. Wir bedanken uns für die großartige Zusammenarbeit.

Weitere Infos: Für eine Verkehrswende in Köln – kein neuer U-Bahn-Tunnel!

Text: Michael Scheffer

Bild: Herbert Sauerwein

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