Bericht zur Foto-Ausstellung „Ein Appell an die Menschlichkeit“

Bericht zur Foto-Ausstellung „Ein Appell an die Menschlichkeit“

Für Mittwoch den 24. August 2022 rief die Aktive Linke anstelle ihres regulären Plenums zum Besuch der Ausstellung „Ein Appell an die Menschlichkeit – Impressionen zwischen Untergang und Hoffnung“ im Kulturbunker Köln-Mülheim auf, deren Vernissage an diesem Tag um 18:30 Uhr stattfand. Joanna Domnich, Genossin aus dem OV Nord, hat diese Ausstellung mir 120 Fotos der Fotografin Alea Horst in ihrer Freizeit in Kooperation mit den Lokalgruppen von Sea Eye, Seebrücke und Amnesty International organisiert.

Wer im Vorfeld bereits etwas zur Ausstellung gelesen hat, ist vielleicht etwas irritiert, wenn er*sie die ersten Fotos betrachtet. Hier geht es auf den ersten Blick nicht um die Themen Flucht und Fluchtursachen, sondern um Kinderarbeit in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch. Die zumeist in dunklen Tönen gehaltenen Bilder ziehen den*die Betrachter*in jedoch sofort in ihren Bann und aus der hiesigen Gegenwart heraus. Die erläuternden Texte, die es zu fast jedem Foto gibt, tragen ihren Teil dazu bei, dass er*sie in die Lebensrealität der Kinder eintaucht, die in den lauten Docks, den mit beißendem Rauch erfüllten Plastikfabriken oder auf den stinkenden Müllhalden schwerste körperliche Arbeit leisten müssen. Und recht schnell wird ihm*ihr klar, dass diese Fotos sehr wohl etwas mit den Themen Flucht und Fluchtursachen zu tun haben, denn wer könnte es diesen Menschen verdenken, wenn sie sich in der Hoffnung auf ein vermeintlich besseres Leben aufmachten, um am Wohlstand in den fernen Ländern der Europäischen Union teilzuhaben? Und dass dieser Wohlstand gerade die Ursache für ihre Misere ist, da auch sie ihn mit ihrer menschenunwürdigen Arbeit erst ermöglichen. Das Zynische ist, dass sie hier als Wirtschaftsflüchtlinge mit wenig Chancen auf eine Bleibeperspektive gelten würden.

Mit dem Thema Kinderarbeit in Bangladesch beschäftigt sich der gesamte erste Raum der Ausstellung. Die Fotos in den beiden weiteren Räumen zeigen Menschen – und vor allem wieder Kinder –, die kaum eine andere Wahl haben bzw. hatten, als zu fliehen. Für diese Aufnahmen reiste Alea Horst nach Damaskus und Aleppo sowie mehrere Male nach Moria auf der griechischen Insel Lesbos.

Der zweite Raum thematisiert vor allem die ungeheuren Zerstörungen in Syrien, deren Größenordnung die Fotografin sich nicht hatte vorstellen können und die sie, wie sie schreibt, niemals in einem einzigen Bild fassen könnte. Inmitten der deprimierenden Ruinen gibt es auch Lichtblicke, wie der Karren eines Bauers mit frischem Gemüse oder die drei Frauen mit rosa Zuckerwatte auf einem Markt.

Der dritte Raum zeigt schließlich Europa, genauer gesagt das, was die Geflüchteten von Europa zu sehen und zu spüren bekommen, – diejenigen, die Europa überhaupt erreichen, denn etliche ertrinken auf der Überfahrt oder werden durch illegale Pushbacks von Frontex wieder zurückgeführt. Das Geflüchtetenlager Moria vor dem Brand und das neu errichtete Lager nach dem Brand. Die Perspektivlosigkeit der Geflüchteten, ihr ewiges Warten, das Vorenthalten medizinischer Versorgung, das Blockieren von Hilfe, der Entzug menschenwürdiger Unterkünfte und weitere Verletzungen der Menschenrechte. Alles mit voller Absicht politisch herbeigeführt. Alea Horst bezeichnet es als systemische Folter. Zusammen mit einer Therapeutin namens Fabiola kontaktiert sie Gerhard Trabert, der bereits am nächsten Tag anreist und medizinische Hilfe leistet.

In allen drei Räumen hängen Schilder mit dem gezeichneten Umriss eines Hauses von der Decke, in dem jeweils ein Zitat aus der Genfer Flüchtlingskonvention, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, dem Deutschen Grundgesetz, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der UNO- Kinderrechtskonvention geschrieben steht. Leider gelten alle diese Sätze nicht für die vielen auf den 120 Fotos abgebildeten Menschen.

Auf jedem Foto ist zudem der Schriftzug „Die Vergessenen“ zu sehen. In unseren Nachrichten ist tatsächlich schon seit längerer Zeit nicht mehr von ihnen die Rede. Ihre Versuche, auf sich aufmerksam zu machen, wie der des zwölfjährigen Mädchens, das eine Demo organisiert und ein Schild mit der Forderung „we want Be Free – Dont want Camp“ hochhält, bleiben ungehört. Es ist zu hoffen, dass diese Ausstellung vielen Menschen die Augen öffnet. So auch die Worte der Fotografin in dem Text zu einem der letzten Fotos.

Alea Horst selbst war auf der Vernissage nicht anwesend. Sie ist gerade für ein neues Fotoprojekt in Afghanistan unterwegs. Wer sich dafür interessiert, kann ihr auf Facebook oder Instagram folgen.

Die Ausstellung im ersten Stock des Kulturbunkers Köln-Mülheim ist noch bis Sonntag, 28. August, täglich von 16 bis 21 Uhr geöffnet. Danach (wenn auch nicht unmittelbar danach) wird eine Auswahl der Fotos im Motoki in Ehrenfeld zu sehen sein.