Elektroroller – Bezirksvertretung zieht Zwischenbilanz

Elektroroller

E-Scooter goes Tret-Roller (!)
Gefunden auf der Zülpicher Straße

„This is all gonna end badly…“ Wie ein (blut)roter Faden durchzieht diese unheilschwangere Vorahnung den neuen Jim-Jarmusch-Film „The dead don’t die“. Es sind die Worte, mit denen Hauptdarsteller Adam Driver seinen ungläubigen Kollegen Bill Murray wiederholt auf die unvermeidliche Zombie-Apokalypse vorzubereiten versucht. Als Murray irgendwann genervt fragt, wie sich diese düstere Einschätzung begründet, antwortet Driver lakonisch, er habe schließlich das Drehbuch gelesen. Überleitung. Es wird böse enden, prognostizierten die hiesigen Verkehrs-, Behinderten- und Seniorenverbände bereits vor Monaten, als absehbar war, dass das chronisch überlastete Kölner Verkehrssystem um die Komponente Elektroroller erweitert wird. Dass diese Warnungen berechtigt waren, wurde jetzt im Rahmen einer Aktuellen Stunde der Bezirksvertretung Innenstadt deutlich.

Massive Verstöße festgestellt

Die Zahlen, die der leitende Polizeidirektor vorlegte, sind signifikant: Seit Einführung der Scooter im Juni wurden innenstadtweit 620 Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung festgestellt (116-mal wurde Alkohol am Lenker geahndet, 70-mal ohne Pflichtversicherung gefahren). Es wurden 64 Verunglückte registriert, 17 davon schwer und 47 leicht verletzt. Die Dunkelziffer dürfte etwa doppelt so hoch liegen. Ein gutes Drittel der Beteiligten stand unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. Wer die sommerliche Berichterstattung verfolgt hat, den überraschen die genannten Zahlen nicht besonders.

Spaßgesellschaft und Touristen

Hilfreicher war da schon die Einschätzung des Direktionsleiters Verkehr, dass es sich hier ausschließlich um eine „freizeitorientierte Nutzung durch die Spaßgesellschaft und Touristen“ handelt. Niemand steigt demnach vom Auto um, um die berühmte letzte Meile „umweltfreundlich“ mit dem Scooter zurück zu legen. Diese Meile befindet sich ja auch nicht in der chronisch überfüllten City. Diese befindet sich in den Bezirken, wo man bekanntlich nicht besonders gut weg kommt. Das Geschäftsmodell der Scooter-Anbieter ist aber ein komplett anderes, da geht’s um schnelles Geld und nicht um infrastrukturelle Befindlichkeiten.

Verkehrsministerium hat schlecht gearbeitet

In seltener Einmütigkeit stellten Polizei, Politik und Verwaltung fest, dass die zu Grunde liegende Elektrokleinstfahrzeugeverordnung des Bundesverkehrsministers stümperhaft ausgearbeitet und auf den Weg gebracht wurde. Dass sich die Kommunen nun mit den Folgen rumschlagen müssen, verdankt sich demnach Andreas Scheuer, der sich in den sozialen Netzwerken nur allzu gern als urbaner Spaßkasper abfeiern lässt, der für einen neuen hippen Zeitgeist-Trend auch seine Großmutter verkaufen würde. Herzlichen Dank, aber wie kommen wir aus der Nummer wieder raus?

Auch den ruhenden Verkehr ordnen

Weil gegen Probleme bekanntlich Lösungen helfen, verwiesen Verkehrs- und Ordnungsamt auf eine Reihe von durchgeführten erzieherischen Maßnahmen, deren Wirkmächtigkeit begrenzt bleiben dürfte: Angebotene Fahrtrainings, erstellte Flyer, eingerichtete Hotlines, geänderte Nutzungsbedingungen. Ungeachtet dessen soll der Kontrolldruck weiter hoch gehalten werden. Bezirksvertreter Manfred Müller überraschte mit dem Vorschlag, zumindest den ruhenden Scooterverkehr dadurch zu bändigen, dass in entsprechenden Abständen Parkplätze zu Abstellzonen um deklariert werden sollten, die sowohl verbindlich als auch gebührenpflichtig sein müssen. Auch wurde der Vorschlag erörtert, keine Abstellung mehr in Bereichen zu dulden, die sowieso nicht befahren werden dürfen (Fußgängerzonen, z.B.). Diese in sich schlüssige Anregung immerhin, soll nun zeitnah realisiert werden, wie am Tag nach der Sitzung gemeldet wurde. Ansonsten bleibt abzuwarten, ob die kalte Jahreszeit nicht geeignet ist, die krassesten Scooter-Exzesse zu reduzieren. Ansonsten wird es böse enden.

Michael Scheffer

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