Der Politikwechsel beginnt – nicht in Köln, sondern in Bonn

Heiner Kockerbeck, Fraktionssprecher DIE LINKE im Rat der Stadt Köln

Heiner Kockerbeck, Fraktionssprecher DIE LINKE im Rat der Stadt Köln

Heiner Kockerbeck berichtet von einer interessanten Veranstaltung der Kölner Ratsfraktion DIE LINKE zum Politikwechsel-Bündnis im Bonner Stadtrat

Nach den Kommunalwahlen 2020 wurde in Bonn ein Ratsbündnis aus Grünen, SPD, DIE LINKE und Volt gebildet. Auf dem Kommunalpolitischen Ratschlag der Kölner Linksfraktion am 24. März führte Michael Faber, Fraktionsvorsitzender der LINKEN in Bonn, dies in hohem Maße auf die Wahlsiegerin bei der OB-Wahl, die Grüne Katja Dörner, zurück.

Katja Dörner

Katja Dörner, Bonner Oberbürgermeisterin (Grüne)

Eher auf dem linken Flügel der Grünen angesiedelt, gewann sie gegen den CDU-Amtsinhaber. Zuvor hatten sich die Grünen seit 2009 in einem Bündnis mit der CDU befunden. Es wurde jedoch immer deutlicher, dass grüne Forderungen bei Verkehr und Klima mit dieser nicht umzusetzen waren. Beide Themen dominierten nach Michael Fabers Einschätzung den Wahlkampf. Auch soziale Bewegungen im Wahlkampfjahr spielten eine Rolle, vor allem Fridays For Future. Bei den Koalitionsverhandlungen mussten die Akteure von Grünen und SPD ein lange gepflegtes gegenseitiges Misstrauen überwinden, wie man es auch in Köln kennt.

Roßmann (DGB): “Gutes Signal für die politische Kultur”

Unser zweiter Gast, Witich Roßmann, Vorsitzender des Kölner DGB, bezeichnete das Bonner Bündnis als ein gutes Signal für die politische Kultur. Die Grünen würden häufig bei der CDU einen Schutzraum für ihren engeren grünen Themenkreis suchen. In Bonn zeigten sie nun Verantwortung für die ganze Bandbreite ihres Programms. Bei Themen wie Verkehr sah er durchaus ähnliche Ansätze zwischen dem Bonner Koalitionsvertrag und dem grün-schwarz-violetten Gegenstück in Köln. Allerdings spielten in Bonn Preissenkungen eine größere Rolle. In der Diskussion wurde ergänzt, dass in Köln die Grünen vor dem Problem stünden, dass sie wichtige Ziele nicht mit der CDU umsetzen können, z.B. beim Kooperativen Baulandmodell. Der rein oberirdische Ausbau der Ost-West-Achse sei gar nicht erst vereinbart worden. Die Kölner CDU habe sich damit gebrüstet, die autofreie Innenstadt verhindert zu haben.

Dr. Michael Faber, Fraktionssprecher DIE LINKE im Rat der Stadt Bonn

Dr. Michael Faber, Fraktionssprecher DIE LINKE im Rat der Stadt Bonn

Bonner LINKE einstimmig für Politikwechsel-Koalition mit Grün, SPD, Volt

Michael Faber hob hervor, dass der Koalitionsvertrag Ende 2020 für DIE LINKE so befriedigend ausgefallen war, dass die Bonner Mitgliederversammlung ihn einstimmig gebilligt hatte. Er beinhalte Projekte wie ein sozial-ökologisches Investitionspaket, die Rekommunalisierung der städtischen Reinigung, die Beseitigung prekärer Arbeit bei der Stadt, günstige Sozial- und Schüler*innen-Tickets für den ÖPNV, ein Baulandmodell mit einer 50%-Quote für geförderten Wohnungsbau, eine deutliche Ausweitung des kommunalen Wohnungsbaus. Im Verkehrsbereich soll die großräumig definierte Innenstadt autofrei oder autoarm werden, so der Bonner Fraktionsgeschäftsführer Holger Schmidt. Mit Umweltspuren, dem Ausbau des ÖPNV und der Radverkehrswege, höheres Preisen für das Parken würden alte Fehler in Bonn aufgearbeitet. Seit 1991 sei in Bonn kein einziger Kilometer Schienen gebaut worden.

Was ist mit den kommunalen Finanzen?

Die Frage, ob die Ziele des Bonner Koalitionsvertrages angesichts der Finanzlage Bonns und der Corona-Krise nicht allesamt unter Finanzierungsvorbehalt stünden, wollte Michael Faber nicht gelten lassen. Im kommenden Jahr komme die Stadt aus dem Nothaushalt. Die genannten Schritte stießen nicht auf finanzielle Schwierigkeiten.

Der Politikwechsel beginnt - nicht in Köln, sondern in BonnVorläufiges Fazit: Kommunale rot-rot-grüne Bündnisse scheinen durchaus bedeutsam für den notwendigen Richtungswechsel der Politik

Insgesamt, dieses Fazit lässt sich ziehen, sind auch kommunale rot-rot-grüne Bündnisse momentan als ein möglicher Einstieg in einen Richtungswechsel sehr bedeutsam. Sie werden nicht ohne Konflikte und Widersprüche auskommen. Sie können aber den weit verbreiteten Fatalismus aufbrechen, auch linke und Mitte-Links-Parteien würden keinen Weg aus der sozialen und ökologischen Krise öffnen. Sie ermutigen Bewegungen in der Stadt, Druck für einen sozialen und ökologischen Umbau zu erzeugen. Daraus werden weitere Spielräume erwachsen. In Berlin zeigt sich dies seit Jahren an der Wohnungsfrage. Letztlich kommt es für DIE LINKE auf die konkreten Projekte an, auf die die potentiellen Partner*innen sich einigen können. Sie müssen für einen sozial-ökologischen Politikwechsel stehen. Kürzungen im Haushalt darf es natürlich nicht geben.

Heiner Kockerbeck, Fraktionsprecher DIE LINKE im Rat der Stadt Köln

Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Position der Kölner LINKEN oder die Meinung der Redaktion wieder.

Hier kann der Bonner Koalitionsvertrag runtergeladen werden.