Öffentlicher Raum ist kein Parkplatz

Öffentlicher Raum ist kein ParkplatzDer große Ernst Bloch, Begründer des militanten Optimismus und des Prinzips Hoffnung hat es einst wie folgt formuliert: „Die Utopie ist mehr als Zukunft, sie erhellt die Gegenwart.“ Angetrieben von der utopischen Perspektive einer weitgehend autofreien Innenstadt, hat DIE LINKE. nun einen weiteren bahnbrechenden Meilenstein auf den Weg gebracht, der in der Bezirksvertretung Innenstadt fleißig diskutiert wird. In einem selbstbewusst mit „Parkraumfreie Innenstadt“ überschriebenen Antrag werden großräumige Bereiche zwischen Ringen und Rhein benannt, in denen das Parken schrittweise aus dem öffentlichen Straßenraum in die umliegenden Parkhäuser verlagert werden soll. Ziel ist es dabei, die Zahl der PKW, die im öffentlichen Straßenraum parken, jährlich um 10 Prozent zu reduzieren. Öffentlicher Raum ist kein Parkplatz.

Verkehr vermindern

Kennzeichnend für die akkurat ausgewählte und empirisch untermauerte Zone ist die überdurchschnittliche Belastung durch parkplatzsuchenden Einkaufsverkehr bei gleichzeitiger Dichte an vakanten Stellplätzen in Parkhäusern. Diese insgesamt knapp 11000 Plätze sind nach Angaben der IHK Köln im Jahresmittel zwischen 50 und 70 Prozent ausgelastet; demnach stehen bis zu 5600 Plätze dauerhaft leer, während die Zahl der Stellplätze im öffentlichen Raum lediglich bei ca. 1400 liegt. Diese könnten sukzessive der Allgemeinheit zurückgegeben und qua Umwidmung anderen Zwecken zugeführt werden (Rad- und Fußgängerverkehr, Grünflächen, Kinder oder Kultur). Eine Verlagerung des Parkens aus dem Straßenraum in Parkhäuser vermindert somit  den ruhenden und den fließenden Verkehr. Da die innerstädtischen Parkhäuser Teil des Parkleitsystems sind, fährt ein Autofahrer sie direkt an.

Hohe Parkhausdichte

Zur Orientierung: Als Einzugsgebiet einer Bushaltestelle wird ein Umkreis von 300 Metern definiert. Dies ist die Entfernung, bis zu der eine Bushaltestelle gut angenommen und akzeptiert wird. Ein Fußweg von bis zu 300 Metern ist auch für Autofahrer zumutbar. In der umschriebenen Zone gibt es keinen Ort, von dem aus das nächste Parkhaus mehr als 300 Meter entfernt wäre. Für einen Großteil dieses Gebietes besteht sogar eine Mehrfachabdeckung und die Entfernung ist deutlich geringer. Es gibt keinen Grund, zum Shoppen an der Straße zu parken, wenn im Parkhaus um die Ecke Dutzende Plätze frei sind.

Für ein schlüssiges Konzept

Gleichwohl DIE LINKE in der Innenstadt bei den vergangenen Wahlen immer mit der Vision einer autofreien City angetreten ist, sind die oben beschriebenen Umstrukturierungen nicht revolutionär neu. Fast alle Parteien in der Bezirksvertretung Innenstadt eint der Wunsch, hier qualitative Veränderungen herbei zu führen. Die bisherige Praxis erschöpft sich allerdings wesentlich in vielen Einzelanträgen mit der Zielsetzung der Umwidmung von zwei oder drei Stellplätzen, welche dann nach zahlreichen Ortsterminen und kraftraubenden Verhandlungen mit der Verwaltung tatsächlich zurückgebaut wurden. Der nun vorliegende Antrag hat das Potential, hier erstmalig im großen Stil Fortschritte zu erreichen. Die völlig unstrittigen und unvermeidlich notwendigen Prozesse bekämen somit Struktur und Systematik. Es braucht endlich ein schlüssiges Konzept mit konkreter Zielsetzung unter Berücksichtigung spezifischer Problembereiche (Park&Ride, Lade- und Lieferzonen, Anwohnerparken) sowie Ausnahmeregelungen für mobilitätseingeschränkte und gehbehinderte Mitbürger*innen. Der Antrag, den wir gemeinsam mit der Fraktion Deine Freunde eingebracht haben, kann hier wegweisend sein.

Michael Scheffer

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