Kölner Politik diskutiert Zweckentfremdung von Wohnraum

Zweckentfremdetes Studentenwohnheim In Deutz

Studentische Wohnungen in Deutz wurden als teure Ferienwohnungen vermietet

Zu den perfidesten Spielarten der viel zu lange verniedlichten „sharing economy“ gehört die systematische Umwandlung von privatem Wohnraum in Ferienwohnungen. Während der Marktführer (Airbnb) zuletzt einen Jahresumsatz von 1,6 Milliarden Dollar bilanzierte, leiden auch immer mehr nordrhein-westfälische Metropolen unter den Folgen dieser Entwicklung. Das Wohnungsaufsichtsgesetz ermöglicht den NRW-Städten seit einigen Jahren die Erstellung kommunaler Satzungen zur Untersagung von Zweckentfremdung.

Zu wenig Kontrollen

So besitzt auch Köln seit 2014 eine Wohnraumschutzsatzung, die aber – analog zur Mietpreisbremse – keine richtige Wirkung entfalten will, weil massenhaft dagegen verstoßen wird. Ganze Wohnhäuser wurden seitdem komplett entmietet um die einzelnen Wohnungen über ominöse Portale tageweise an Touristen zu vermieten. Illegal – aber bislang kaum geahndet, was auch daran liegt, dass das Kölner Wohnungsamt bislang lediglich zwei Stellen für die Ermittlung eingerichtet hatte. Andere Städte sind da deutlich weiter. Während Berlin mit 64 vollzeitäquivalenten Stellen einen sehr offensiven Kurs eingeschlagen hat, beschäftigen Hamburg (20) und München (15) zumindest ausreichend Mitarbeiter. Auf dieses Missverhältnis hat DIE LINKE Köln schon vor Jahren hingewiesen

Sogar Studentenwohnheim zweckentfremdet

Nachdem der WDR nun aufgedeckt hat, wie ein Luxemburger Immobilienfonds über Umwege im großen Stil Studierenden-Wohnungen in Köln als Ferienwohnungen vermarktet, schlägt die allgemeine Empörung allerdings hohe Wellen. Die Bezirksvertretung Innenstadt hat sich am 8.11.2018 im Rahmen einer Aktuellen Stunde intensiv mit dem Thema befasst.

Ferienwohnungen belasten Wohnungsmarkt

Die LINKEN Bezirksvertreter Manfred Müller und Michael Scheffer argumentierten gleich zu Beginn der fast zweistündigen Debatte moralisch: „Private Zimmervermietung und Vermittlung entziehen der Stadt Wohnraum in erheblichem Umfang. Das ist keine Kleinigkeit, das ist kein Kavaliersdelikt. Und jeder der meint, in diesem viel zu lukrativen Marktsegment mit verdienen zu müssen, ist unmittelbar mit verantwortlich für die katastrophale Wohnraumsituation, die wir heute in Köln vorfinden.“ Michael Scheffer wies auf die unmittelbaren Folgen für das Gemeinwohl und das nachbarschaftliche Zusammenleben hin: „Jede Ferienwohnung bedeutet: Keine Wohnung für Studierende, keine Wohnung für Geflüchtete, keine Wohnung für Obdachlose. Da wird nicht mehr gewohnt, da wird Party und Profit gemacht. Gleichzeitig werden Teile der Stadt sukzessive bürgerschaftlich entkernt.“

Initiativen berichten

Diese Einschätzung wurde von verschiedenen Bürgergemeinschaften und Mieterinitiativen bestätigt, die die Möglichkeit wahrnahmen, den Bezirkspolitiker*innen und Zuhörer*innen die teils dramatischen Veränderungen in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zu schildern. Neben der Verdrängung angestammter Anwohner*innen beklagten sie insbesondere die exzessive Verrohung, Verlärmung und Vermüllung durch die zumeist nachtaktiven Feier- und Kurzzeittouristen. Eine moderne Form der Heimsuchung, die auch die Leiterin des Wohnungsamtes einräumen musste. Zugleich verwehrte sie sich gegen den Vorwurf des wohnungsaufsichtlichen Komplettversagens. Sie verwies stattdessen auf 1265 Ermittlungsverfahren sowie auf die Verhängung von 316.000 Euro Bußgeld, von denen die Stadt rund 77.000 Euro tatsächlich vereinnahmt habe.

Bußgelder bringen nichts

DIE LINKE griff dieses Missverhältnis auf und erläuterte den staunenden Zuhörer*innen, dass die Buß- und Zwangsgelder fast alle in die Landeskasse flössen. Sobald Widerspruch gegen die Verhängung einlegt wird (also eigentlich immer), geht die Stadt gemäß Ordnungswidrigkeitengesetz nämlich leer aus. Obwohl sie die Arbeit, die Kosten und die Probleme hat. Bezirksvertreter Michael Scheffer wies in dem Zusammenhang auch darauf hin, dass ein Bußgeldverfahren ja die illegale Nutzung der Wohnung nicht unterbindet. Diese kann unvermindert fortgesetzt werden und das wird sie in der Regel auch, zumal wenn jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen anstehen.

Härtere Gangart gefordert

Vor diesem Hintergrund plädiert DIE LINKE in der BV Innenstadt für weitergehende ordnungsbehördliche Maßnahmen: „Das Bauaufsichtsamt beispielsweise kann ein Ordnungsverfahren mit der sofortigen Vollziehung einleiten. Eine zeitnahe Nutzungsuntersagung heißt: Die machen die Bude dicht. Dann ist Schluss mit lustig!“ Michael Scheffer erklärte weiterhin, dass die Stadt Bonn seit Jahren gute Erfahrungen mit einer Task-Force mache, in welcher verschiede städtische Behörden gemeinsam gegen Zweckentfremdung vorgingen: „Wir empfehlen überdies die Einschaltung des Kassenamtes und der Steuerbehörden. Diese sind bekanntlich nicht pingelig, aber da hier in den allermeisten Fällen von Steuerhinterziehung ausgegangen werden muss, scheint uns das ein probates Mittel die illegale Zweckentfremdung effektiv zu unterbinden. Das ist hart, aber Wohnungs- und Obdachlosigkeit sind härter.“

Wohnungsamt stellt ein

Nachtrag: Zeitgleich mit der BV Innenstadt debattierte der Kölner Stadtrat den Haushalt 2019. In diese Beratungen ist ein Antrag der Linksfraktion im Kölner Rat eingeflossen, der das Zusetzen von bis zu 18 Mitarbeiter*innen in der Kölner Wohnungsaufsicht einforderte und erwartungsgemäß keine Mehrheit fand. Allerdings kündigte die Stadtverwaltung von sich aus die Einrichtung von immerhin neun Stellen an, die unmittelbar ausgeschrieben werden sollen. Das ist nicht nur positiv zu bewerten, sondern auch und in erster Linie ein nachhaltiges Ergebnis der Wohnungspolitik der Kölner LINKEN insgesamt.

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