FortX – Kommt der Klüngel zurück?

FortX - Kommt der Klüngel zurück?Vor hundert Jahren richtete die Stadt Köln eigens ein Entfestigungsamt ein, um die preußischen Militäranlagen innerhalb der Stadt entsprechend den Abmachungen des Versailler Vertrags abzureißen. Aufgrund schon damals bestehender Unzulänglichkeiten im Bereich Stadtverwaltung, wurde dieses Vorhaben nur halbherzig durchgeführt. Mit der Folge, dass insbesondere im äußeren – aber auch im inneren Grüngürtel zahlreiche Bollwerke erhalten geblieben sind und neuen Nutzungen zugeführt wurden. Als besterhaltenes Fort der inneren Fortkette gilt das Fort X am Neusser Wall, das heute in eine knapp 100 Hektar große Grünanlage eingebettet liegt. Rosengarten und Kinderspielplatz inklusive. Allerdings nagt der Zahn der Zeit am Gemäuer, weshalb der Rat der Stadt Köln im Juni 2016 einen umfassenden Sanierungsbeschluss gefasst hat. Aus Gründen der Substanzerhaltung und zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit besteht akuter Handlungsbedarf. Passiert ist fünf Jahre lang – nichts.

Bis die Liegenschaftsverwaltung nun mit dem Vorschlag aufwartete, die Anlage einem bekannten Nippeser Karnevalsverein per „Anhandvergabe“ zu überlassen. Damit wäre die Stadt aus dem Schneider, würde sie doch die lästigen Sanierungsmaßnahmen – zu denen sie eigentlich rechtlich verpflichtet ist – dem neuen Nutzer überlassen können. Dessen Pläne sorgten in der Bezirksvertretung Innenstadt teilweise für schieres Entsetzen, weshalb hier umgehend beschlossen wurde, dass die Stadt doch bitteschön selber mal ein Nutzungskonzept erstellen möge. Auch wurde die Verwaltung aufgefordert, den Ratsbeschluss von 2016 endlich umzusetzen. Nach der Sanierung sollen die dringend benötigten Räumlichkeiten und die Freiflächen einer breiten Öffentlichkeit von der Stadt zur Verfügung gestellt werden. Die BV1 hat somit ein klares Zeichen gegen die überaus kritikwürdige Vergabepraxis der Kölner Liegenschaftsverwaltung gesetzt.

Es ist leider gute – oder schlechte – kölsche Tradition, dass Politik und Stadtverwaltung den mächtigen Karnevalsgesellschaften (Ehrengarde, Blaue Funken, Rote Funken) stets Objekte in bester Citylage übereignet haben (Severinstorburg, Ulrepforte, Hahnentor). Dass sich aber ein Verein bezirksübergreifend Zugriff auf eine prominente Lokalität verschaffen will (Nippeser Bürgerwehr 1903 e.V.), ist neu und ziemlich dreist. Am 31. Juli fanden sich auf Einladung der IG Neustadt-NordVillen-Viertel (!) Anwohner*innen, Politik und die Bürgerwehr vor Ort zusammen, um das weitere Verfahren zu erläutern. Dabei trat überdeutlich zu Tage, dass das von der Karnevalsgesellschaft vorgelegte Nutzungskonzept äußerst schwach ist. Es läuft aber auch alles darauf hinaus, dass Teile der Stadtpolitik gewillt sind, die Anlage ohne Ausschreibung oder ähnliche Hemmnisse direkt dem Karnevalsverein zu überantworten. Entschieden werden soll in der Sitzung des Liegenschaftsausschusses am 30. August. Selbstverständlich nicht öffentlich.

(Michael Scheffer)