Für die Milieuschutzsatzung Neustadt Süd-West

„Es hat negative städtebauliche Konsequenzen, wenn man eine Erhaltungssatzung nicht erlässt.“ Zu dieser deutlichen Einschätzung gelangte der Gutachter eines Hamburger Instituts auf einem Fachgespräch Ende April, in welchem es um die Aufstellung einer Sozialen Erhaltungssatzung in der Innenstadt ging. Leider beinhaltete das vorgelegte Gutachten eine andere Schlussfolgerung und empfahl der Stadt Köln, den Aufstellungsbeschluss für das Gebiet Neustadt Süd-West nicht zu fassen. Das ist wirklich nicht zu fassen, da die durchgeführte stadträumliche Untersuchung unmissverständlich konstatiert, dass es für Milieuschutz ungefähr zehn Jahre zu spät sei. Dazu muss man wissen, dass sich die Bürgergemeinschaft Rathenauplatz seit bald 20 Jahren für eine dringend notwendige Erhaltungssatzung einsetzt, die BV Innenstadt hat bereits 2018 und 2019 entsprechende Beschlüsse gefasst. Und der Beschluss des Rates, wonach „das Instrument Erhaltungssatzung vermehrt zu nutzen“ sei, ist mittlerweile auch schon bald zehn Jahre alt (11.2.2014).

Für die Milieuschutzsatzung Neustadt Süd-West

Auch die Heinsbergstraße soll geschützt werden

Obwohl der Gesetzgeber dazu keine klaren Vorgaben gemacht hat, hat es sich in der Praxis etabliert, dass mindestens drei Kriterien erfüllt sein müssen, um eine Satzung zu erlassen. Die nun diskutierte Studie räumt zweifelsfrei ein, dass in dem untersuchten Gebiet Aufwertungs- und Verdrängungspotentiale schlummern. Für einen konkreten Verdrängungsdruck allerdings, konnten angeblich nicht ausreichend objektivierbare und nachvollziehbare Fakten zusammengetragen werden. Dies wird von allen Fraktionen in der BV Innenstadt in Zweifel gezogen, die die angewandte Methodik kritisierten. So wurden die Haushaltsbefragungen pandemiebedingt nicht persönlich durchgeführt, rund 70 Prozent der ansässigen Haushalte konnten – oder wollten – keine Rückmeldung geben und auf eine mehrsprachige Befragung wurde komplett verzichtet. Selbst wenn die Diagnostik noch einigermaßen schlüssig erscheint, schaut es im Bereich der Prognostik gänzlich anders aus. Michael Scheffer fasste es in der BV-Sitzung Ende April wie folgt zusammen: “In zehn Jahren werden wir gefragt werden, warum wir so verrückt gewesen sind, im Jahre 2023 keinen Aufstellungsbeschluss gefasst zu haben…“

Weiterhin machte der Fraktionsvorsitzende deutlich, dass DIE LINKE es sich schlicht nicht erlauben könne, gegen eine Milieuschutzsatzung zu stimmen, was selbstverständlich auch für die anderen betroffenen Bezirke Nippes, Mülheim, Kalk und Ehrenfeld gelte. Konsequent sei überdies eine Art Beweislastumkehr: Die Verwaltung müsste – dem Beschluss des Rates folgend – eigentlich stadtweite sozialräumliche Untersuchungen vornehmen lassen und ihrerseits den Gremien Vorschläge machen, wo Handlungsbedarfe bestehen und zu schaffende Milieuschutzgebiete identifiziert werden können. Dafür fehlt natürlich Geld, Personal und der politische Wille des sogenannten Gestaltungsbündnisses. Des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass im Rahmen des vor zwei Jahren in Kraft getretenen Baulandmobilisierungsgesetzes, Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten wieder in die Lage versetzt werden (könnten), sogenannte Umwandlungsverbote von Miet- in Eigentumswohnungen zu erlassen. Dies könnte insbesondere in Milieuschutzgebieten zum Tragen kommen; die schwarz-gelbe Landesregierung hatte eine ähnliche Regelung im Jahr 2020 trotz erheblicher Kritik von Mieterverbänden oder dem Deutschen Städtetag auslaufen lassen. Aller möglichen negativen städtebaulichen Folgen zum Trotz. Fazit: Die BV Innenstadt hat einen Tag nach dem oben zusammengefassten Fachgespräch am 27. April 2023 den einstimmigen Beschluss gefasst, dem Stadtentwicklungsausschuss zu empfehlen, dass die sozialräumliche Befragung wiederholt werden solle. Der Ausschuss hat am 4.5.2023 Beratungsbedarf angemeldet und die Vorlage zurück gestellt…

Michael Scheffer/DIE LINKE in der BV Innenstadt