Offener Brief an den KVB Vorstand

Offener Brief an den KVB Vorstand

Sehr geehrte Frau Haaks,

sehr geehrte Herren Schwarze, Schaffer und Densborn,

am 19.03. haben Sie die Öffentlichkeit über den Rückgang der Fahrgastzahlen bei der KVB 2023 informiert. Die von unserer Fraktion geforderte Aussprache im Rat wurde von der Mehrheit verwei­gert. Deshalb wenden wir uns heute mit einem Offenen Brief an Sie und die Kölner Öffentlichkeit.

Ihre Fahrgaststatistik zeigt: Die KVB hat heute weniger Fahrgäste als 2003 (238,8 Mio.) und bezo­gen auf die gestiegene Einwohnerzahl liegt sie auf dem Niveau von 1996 (216 Fahrgäste / Einwoh­ner). Das ist auch eine Verkehrswende, aber in die falsche Richtung. Die KVB ist im Begriff, den Wettbewerb nicht nur mit dem Auto, sondern auch mit dem Fahrrad zu verlieren.

Während zum 01.03.2023 der Fahrplan zunächst nur für ein halbes Jahr reduziert werden sollte, können Sie heute, ein Jahr später, immer noch keine Rückkehr zum regulären Fahrplan ankündi­gen. Die Menschen in Köln stellen sich darauf ein, was sollen sie sonst tun. Auch der KVB Vor­stand scheint sich damit abzufinden und gewöhnt die Stadtgesellschaft an das „neue Normal” einer schrumpfenden KVB. Und da ist Einspruch geboten! Denn Köln braucht eine funktionierende KVB, Köln braucht mehr und nicht weniger KVB.

Dass die Fahrgastzahlen, die andernorts steigen, in Köln stagnieren, ja leicht zurück gehen, ist keine Überraschung. Eine KVB, die weniger Leistung anbietet, zieht auch weniger Fahrgäste an. Und eine KVB, die unzuverlässig ist, schreckt sogar Fahrgäste ab. Der ADAC hat im September 2023 ermittelt, dass Köln bei der Zufriedenheit mit dem ÖPNV auf Platz 14 von 15 Großstädten rangiert.

Hauptursache der Probleme ist nach Ihrer Darstellung ein hartnäckiger personeller Engpass im Fahrdienst. Wie konnte es dazu kommen? Die Belegschaft der KVB ist offenkundig überaltert und die Verrentungswelle hat begonnen. Das hat jahrelang niemanden interessiert und nun ist es so weit. Wenn die Belegschaft schrumpft, aber die Arbeit nicht, dann heißt das mehr Arbeit, Überstun­den, Stress. Das geht so eine Zeitlang, aber wenn keine Besserung eintritt, dann schlägt die noch durch Corona verstärkte Dauerbelastung zunehmend in Krankheit um.

Dass eine so dramatische Entwicklung durchaus hätte vermieden werden können, bewies die Rheinbahn in Düsseldorf, die 2019 für den Fahrdienst 250 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellte.

Wir haben großen Respekt für die Leistung der rund 4.000 Kolleginnen und Kollegen bei der KVB, im Fahrdienst, in den Werkstätten, in der Verwaltung, die alle Hände voll zu tun haben, die Ver­säumnisse ihrer Chefinnen auszubaden und den reduzierten Betrieb irgendwie sicher zu stellen. Und das oft, wenn man den zahlreichen Bewertungen auf kununu.de glauben darf, ohne dafür von Seiten des Managements angemessene Wertschätzung zu erfahren.

Dass es der KVB schwerfällt, geeignete Leute für den Fahrdienst anzuwerben hat nach unserem Eindruck auch mit der unzureichenden Vergütung zu tun. Im Fahrdienst wird heute inflationsberei­nigt weniger verdient als vor 30 Jahren. Auch deshalb ist es so wichtig, dass die Löhne ordentlich erhöht und die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Denn Köln braucht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KVB und die brauchen gute Arbeit und eine ordentliche Bezahlung.

Und die verzweifelte personelle Situation im Fahrdienst und die reduzierten Fahrpläne sind nicht die einzigen Probleme der KVB:

  • Das „Loch” an der Stelle des 2009 eingestürzten Stadtarchivs, eine Altlast des gescheiter­ten Nord-Süd-Tunnel-Projekts, hängt der KVB immer noch als Monsterbaustelle am Hals. Niemand weiß genau, wie es dort weiter gehen wird und wie lange es dauert.
  • Die Unzuverlässigkeit von Aufzügen und Rolltreppen der KVB ist stadtbekannt und trotz jahrelanger Anstrengungen nicht unter Kontrolle.
  • Auch viele Haltestellen sind immer noch nicht barrierefrei, trotz einschlägiger Gesetze.
  • Der Ausbau des KVB-Schienennetzes stagniert seit 20 Jahren. Köln hat pro 100.000 Ein­wohner 14km Schiene, Düsseldorf 25km.

Sehr geehrte Frau Haaks, sehr geehrte Herren, bitte sehen Sie den Tatsachen ins Auge: Sie ha­ben ihr Kerngeschäft nicht im Griff, und wenn sich das nicht bald ändert, dann steht die KVB mög­licherweise tatsächlich vor einer “düsteren Zukunft” (Kölner Stadtanzeiger).

Was wir jetzt von Ihnen erwarten:

  1. Bitte verschonen Sie uns mit weiteren Ausreden und Versuchen, die Situation schönzure­den. Natürlich gibt es andernorts auch Probleme. Aber nirgends sind sie so hartnäckig wie in Köln, angefangen bei den Aufzügen und Rolltreppen. Der Stadtanzeiger hat recherchiert, dass in Hamburg die Fahrgastzahlen bereits über Vor-Corona-Niveau angestiegen sind. Warum passiert sowas nicht in Köln?
  2. Bitte konzentrieren Sie sich darauf, die KVB wieder auf Kurs zu bringen. Wir glauben Ihnen, dass das nicht einfach ist, so tief wie der Karren im Dreck sitzt. Deshalb müssen Sie per­sönlich jetzt bitte alle ihre Kraft daransetzen. Die KVB ist nicht irgendeine Firma. Sie ist ein Teil von Köln, und Köln braucht eine funktionierende KVB.
  3. Bitte lassen Sie die Finger von einem neuen Tunnel-Projekt, wehren Sie sich mit Händen und Füßen! Es gibt andere gute Argumente für eine oberirdische Lösung auf der Ost-West-Achse. Sie aber dürfen bei den aktuellen Problemen schlicht und einfach keine Zeit dafür haben. Und die Stadt Köln soll Ausbau und Instandsetzung der KVB finanzieren. Da kann sie sich absehbare weitere Hunderte Millionen (ohne Bund/Landesmittel) für 2 km Tunnel einfach nicht mehr leisten.
  4. Bitte sagen Sie den Finanzexperten von CDU-SPD-Grün im Rathaus die Wahrheit: Eine funktionierende, wachsende KVB kostet ihren Preis. Ein Ausbau der Stadtbahn zum aktuel­len Düsseldorfer Versorgungsniveau erfordert 100 km Schiene zusätzlich in Köln. Davon würden sogar das meiste Bund und Land bezahlen. Auch mehr und besser bezahlte Mitar­beiter und ein größeres Ersatzteillager kosten viel Geld. Aber das Geld wäre gut investiert. Und wer noch Geld für Milliarden-Tunnel-Projekte übrighat, könnte das auch stattdessen für die Instandsetzung der KVB einsetzen. Das brächte den Menschen in Köln dann wirkli­chen Nutzen.

Auf einem solchen Weg können Sie mit unserer Unterstützung rechnen!
Mit freundlichen Grüßen

Maria Schu                                                 Nadine Mai                                         Dr. Marius Vogel

verkehrspolitische Sprecherin                   Kreissprecherin                                    Kreissprecher