Illegale Autorennen in Köln

Trauer über Opfer von illegalen Autorennen

Köln trauert über Opfer von Autorennen

Gianluca hatte keine Chance. Drei Tage nachdem er Mitte Juli mit seinem Fahrrad an der Kreuzung Aachener Straße/Innere Kanalstraße von einem herumschleudernden BMW erfasst wurde, erlag er seinen schweren Verletzungen. Der Fahrer des PKW hatte mutmaßlich die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren, während er sich mit einem Bekannten ein illegales Autorennen lieferte.

Mehrere hundert Menschen haben sich in den Tagen danach zu stillem Gedenken an der Unfallstelle versammelt. Sie nahmen Anteil, formulierten aber auch ihren Unmut über eine verkehrspolitische Gesamtsituation, die derlei Grausamkeiten nicht zu verhindern in der Lage zu sein scheint. Immerhin war Gianluca schon das dritte Todesopfer eines innenstädtischen Autorennens seit Jahresbeginn.

Die Bezirksvertretung Innenstadt begann ihre erste Sitzung nach der Sommerpause mit einer umfänglichen aktuellen Stunde zum Thema. Namhafte Experten von Polizei und Politik, Verwaltung und Verbänden trugen ihre Erkenntnisse zusammen und berieten über mögliche und nötige Maßnahmen. Rainer Fuchs, Leiter der Sonderermittlungsgruppe „Rennen“ der Kölner Polizei, räumte gleich zu Beginn ein, dass die Behörden das Problem lange nicht auf dem Schirm hatten. Belastende Erkenntnisse lägen eigentlich erst seit Einrichtung der Ermittlungsgruppe zu Jahresbeginn vor.

Er berichtete von über 5000 polizeilichen Maßnahmen seit Mitte Mai, bei denen 40 Fahrzeuge eingezogen wurden und 23 illegale Autorennen nachgewiesen werden konnten. Benannt wurden Schwerpunkte, die sich herauskristallisiert hätten wie das Kennedyufer, die Niehler Straße, der Auenweg, die Innere Kanalstraße, die Ringe oder auch die Mülheimer Brücke, wo ein Fahrer mit 164 km/h erwischt werden konnte. Ein trauriger Rekord! Fuchs konstatierte ein grassierendes Rasereiproblem: „Die Verkehrsmoral in Köln ist eine Katastrophe.“

Ordnungsamtschef  Rummel erläuterte die von seinem Amt in enger Kooperation mit der Polizei eingeleiteten Sofortmaßnahmen und kündigte weitere personelle wie finanzielle Aufrüstung an. Wegen der Ausschreibungspflicht sei aber erst 2016 mit weiteren zu installierenden Radaranlagen zu rechnen. Er verwies darüber hinaus auf die bestehende Rechtslage, wonach die festgestellten Vergehen keinen Straftatbestand darstellen, sondern lediglich als Ordnungswidrigkeit zu ahnden seien. Solange keine Tötungsabsicht nachgewiesen werden könne, lassen sich auch die wahnsinnigsten Fahrer nicht aus dem Verkehr ziehen.

Vertreter von VCD und ADFC bemängelten u.a. das Fehlen einer qualifizierten Unfallanalyse, wie sie beispielsweise die Stadt Münster durchgeführt hat. Ansonsten verwiesen sie auf die bekannten Parameter für den „Patienten Radverkehr“, welche z.B. dem Fahrradklimaatlas 2014 zu entnehmen sind. Gegen das permanent erhöhte Geschwindigkeitsniveau empfahlen sie die Einführung von Tempo 30 als innerstädtische Regelgeschwindigkeit.

Am Ende einer intensiven Diskussion mit den Bezirksvertreter*innen mahnte Bezirksvorsteher Andreas Hupke zu deutlich mehr Sensibilität. Er erinnerte daran, dass erst vor zwei Jahren die ADAC-Rallye Deutschland am Kölner Roncalliplatz starten durfte, was erwartungsgemäß tausende Hochgeschwindigkeitsidioten mit hochgezüchteten PS-Boliden in das Herz der Domstadt gelockt habe. So etwas dürfe es nie mehr geben.

Michael Scheffer

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